Schichten Lichten Sichten

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date: 1999
material: marble, stainless steel
collection Artothek Vienna, Austria
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KONSTRUIERTE RÄUME UND GRENZÜBERSCHREITENDE PROJEKTE

Will man Caroline Ramersdorfer, die Vorarlbergerin, die in Wien ein Atelier hat und enge Verbindungen zu Japan weiterentwickelt, vorstellen, müßte man sie einfach als Bildhauerin bezeichnen. Doch darin liegt bereits die Crux solch allgemeiner Bezeichnungen. Denn die Arbeiten der Caroline Ramersdorfer zeigen nicht einfach das Entfernen des Überflüssigen, um zur Form zu kommen. Das Plastische wird für den Raum konzipiert, mehr als es üblicherweise in der tradierten Bildhauerei geschieht; es ist selbst raumgreifend, raumändernd und nutzt das sich ständig ändernde Spiel von Licht, Schatten und Farbe. Zur traditionellen Art der Bearbeitung des Steinen kommen für Ramersdorfer die Momente des Abtragens, des Freilegens, die im Sinne eines Heraus- schälens der Essenz aus der Materie verstanden werden. Dazu kommt, daß Materialien kombiniert werden die zueinander in Kontrast stehen. "Im Spannungserlebnis zwischen Kontrasten, poliert, rauh, gebrochen, geschnitten, Licht Schatten, dargestellt in Zusammenspiel der Elemente die sich gegenseitig konstruieren, suche ich und finde manchmal. Leichte Materialien wie z.B. Holz oder Bambus und schwere Materialien wie Stein, verkörpern diesen Kontrast in meinen Arbeiten". Und "das Freilegen des Innersten ist für mich wichtig, um in der Transparenz das Licht erscheinen zu lassen. Bezogen auf den Menschen heißt das, das Bewußtsein oder die Erkenntnis auf einen reinen Gedanken zu lenken".
Ramersdorfer bezeichnet ihre Arbeiten als "Momente des Seins, die aus der Poesie eines Augenblicks entspringen, haften bleiben und sich als Idee zum Projekt entwickeln". Doch jede Idee bedarf eines Mittlers, eines Materials in dem sie manifest werden kann. Für sie ist vor allem der Stein, dem sie entweder einen Raumkörper entnimmt, und Raum sichtbar zu machen oder dessen Schichten sie Stufe um Stufe abträgt, bis sie die Grenze überschreitet und ihn durchbricht. Dadurch schafft sie Durchbrüche in das räumliche Gefüge und aus ihm heraus in den Umgebungsraum. War der Stein erst blockhaft räumlich und kaum definierend, so wird er nun selbst zum gestalteten und gestaitenden Raumgefüge. Im Casino Bregenz zeigte Ramersdorfer Steinplatten, die in ihren Schichten bis zur Durchbrechung bearbeitet sind. Dabei ergeben die stehenbleibenden Stege und harten Schichten eine Art Dispersionsgitter, das Ein- und Ausblicke gewährt, gleichzeitig aber auch auf das gedankliche Konzept des "Herausschälens des Wesentlichen" hinweist. Diese Tafeln hängen in einen dreieckigen Tragegerüst, das nun seinerseits wieder im Umraum, sechseckig und mit dunkelverhängten Wänden, Raum konstituiert, der keine Wand mehr hat, also diaphan wird. Er kann durchmessen werden, ist physisch erfahrbar. Aber gerade durch seine besondere Positionierung im Umraum entsteht kein eindeutig definierter Raumabschluß. Das Gerüst mit den Platten wird zum gerichteten Raum, zu dem notwendigerweise der Weg gehört. Somit präsentieren sich die Steinplatten als Wegweiser ebenso wie als Raumpositionen. Ein Block solcher Raumassoziationen visualisiert im Form und Schrift in der geometrischen Form des Quadrates erscheint wiederum wie ein Raumgitter aus Buchstaben, Wörtern und Zeichen, ähnlich dem durchbrochenen, strukturierten und geschichteten Stein, lesbar gemacht durch Leerräume.
Gleichzeitig mit diesen Assoziationsketten entstehen Gedankenräume, die wiederum Geschichte sein können nach emotional pathetischen, rational kalkulierenden oder allgemeinen Hinweisen zum Thema "Raum". Damit tritt das Material, wie Ramersdorfer dies ausdrückt, "aus seiner passiv abwartenden Position" in seine aktive Erscheinung, Zustände die erst erreicht werden können, wenn das Material in Einklang gebracht ist mit dem eigenen Universum. Erst damit entstehen "Konstruierte Räume und grenzüberschreitende Projekte" (Titel der Ausstellung).

Mag. Albert Ruetz (Rouge & Noir, Dezember /Jänner 1997: Künstler im Casino).